LEBENSGESCHICHTEN und ANSICHTEN
eines Christen

Ein Lob des mittelalterlichen Menschen

 

Ein im Mittelalter in Europa lebender Mensch war im Allgemeinen ein gläubiger Mensch im christlichen Sinne. Er glaubte an die Existenz von Gott und Teufel ihrem Wirken im Diesseits, aber auch an ein Leben nach dem Tode. Wobei als mögliche zukünftige  Aufenthaltstorte der Himmel, die Hölle und, vorübergehend (was sind schon ein paar tausend Jahre angesichts der Ewigkeit?),  das Fegefeuer in Frage kamen.

Die Ausmaße, wie sich dieses christlich-mittelalterliche Denken auf die Menschen ausgewirkt hat, mag dem heutigen modernen, gebildeten und aufgeklärten Menschen von heute schier unfassbar erscheinen. Wähnt er sich doch über solch „lächerliche“ Vorstellungen hoch erhaben. Er hält sich für einen „Realisten“, der sich kein X für ein U vormachen lässt.  Ist er bereit für die „Dummheit“ des mittelalterlichen Menschen noch eine gewisses Verständnis aufbringen und  Nachsicht walten zu lassen, so hat er für Zeitgenossen mit einer ähnlichen Gesinnung nur Verachtung  übrig.

Aber vielleicht war der mittelalterliche Mensch mit seinen zugegebenermaßen manchmal ins Bizarre und Übertriebene abdriftenden Ansichten und Vorstellungen der Wahrheit viel näher als der ach so ab- und aufgeklärte Mensch von heute. Vielleicht ist er ja genau der sanften Verführung dessen erlegen, an dessen Existenz er nun unter keinen Umständen glauben mag. „OK, Gott als höhere Wirkungsmacht lasse ich ja vielleicht noch gelten. Aber den Teufel, dass ist doch absolute Spinnerei!“

Vermutlich hätte ich genauso gedacht, hätte ich nicht vor nun beinahe dreizig Jahren Erfahrungen gemacht, die mich eines Besseren belehrt hätten.  („Im Banne des Bösen“) Es gibt jene beiden jenseitigen Wirkungsmächte und es ist realistisch von einem Leben nach dem physischen Tode auszugehen. So "mittelalterlich" jedenfalls denke ich, bis auf die Sache mit dem "Fegefeuer". An das glaube ich nicht!

                                        *
„Media vita in morte sumus = Mitten im Leben vom Tode umfangen. So hat der mittelalterliche Mensch nicht nur geurteilt, sondern auch wirklich empfunden. Ob der moderne Mensch mit seiner diesseitig –materialistischen Orientierung mehr Recht hat – wer weiß das schon?“ ( Der Philosoph Heinrich Scholz )

Der sogenannte „mittelalterliche“ Mensch in Europa war in vielerlei Hinsicht bedroht. Kriege, Hungersnöte, Seuchen etc. ließen „Gevatter Tod“ reiche „Ernten“ halten. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen im Mittelalter lag bei etwa 35 Jahren.

Aber der mittelalterliche Mensch war auch ein extrem jenseitsgläubiger Mensch. Für ihn stand es im Allgemeinen außer Zweifel, dass es nach dem Tode weitergehen würde. Und zwar im Himmel, in der Hölle oder im Fegefeuer …! Der neuzeitliche Mensch von heute neigt dazu, über solche „naiven“ Vorstellungen zu lächeln. Mit seiner hohen Lebenserwartung wiegt er sich in relativer Sicherheit. In seinem Denken spielt das Jenseits oder ein mögliches Weiterleben nach dem Tode keine allzu große Rolle. Das Leben soll „hier und jetzt“ gelebt und positiv gestaltet werden.

Man mag heute diese ausgeprägte Jenseitsorientierung des mittelalterlichen Menschen für übertrieben und hysterisch halten, so wie es schon Nietzsche im „Zarathustra“getan hat: „Diese Christen, … sie halten die Wirklichkeit nicht aus. Können nicht ertragen, dass da Nichts ist. Und darum haben sie sich ein Jenseits erschaffen!“ Könnte es aber nicht auch so sein, dass angesichts des bewussten Lebens in der Todesnähe die Sinne der mittelalterlichen Menschen geschärfter waren. Sie einen viel unmittelbareren Zugang zur Wirklichkeit, zum WESENTLICHEN hatten. Sie spürten, dass da „höhere Mächte“ walteten. Und dass der scheinbar so vernunftorientierte und aufgeklärte Mensch von heute sein „Gespür“ für das WESENTLICHE verloren hat?

Ich bin immer wieder überrascht mit welcher Hartnäckigkeit alles „Übernatürliche“ und „Wundersame“ besonders in intellektuellen Kreisen geleugnet wird. Man allein schon bei der Erwähnung solcher Dinge mit Unverständnis und Ablehnung, Spott oder Aggression behandelt wird. Ich selber habe dies mehr als einmal erlebt.

Nicht das mir das nun allzu viel ausmachen würde, aber ich bin schon etwas erschrocken, wie sehr der Zeitgeist die Köpfe und Herzen der Menschen erfasst hat. Offen auszusprechen, dass man an so Dinge wie Schöpfung, ein Jenseits, Gott und Teufel glaubt – so wie es für den mittelalterlichen Menschen noch selbstverständlich war-, bringt einen in den heutigen normalen intellektuellen oder materiell ausgerichteten Kreisen schnell in eine Außenseiterposition.

Aber dass die Glücksversprechen der Diesseitsmodelle nicht richtig funktionieren, dürfte doch mittlerweile den Meisten klar geworden sein. Wäre es da nicht vielleicht an der Zeit, ein existierendes „Jenseits“ als Möglichkeit neu in Betracht zu ziehen. Sich auf eine spirituelle Suche zu begeben? Und man könnte da mit einer ganz „einfachen“ Frage anfangen: Gibt es Gott oder gibt es ihn nicht?

Als Hape Kerkeling sich auf einen sechswöchigen Pilgerweg nach Santiago de Compostella begab, war das genau die Frage, die er beantwortet haben wollte. Er hoffte, dass ihm Gott, wenn er den existierte, ihm „begegnen“ würde. Am Ende des Pilgerweges stand für ihn fest: „Ja, es gibt einen Gott!“ (nachzulesen in „Ich bin dann mal weg“) Er hatte für sich das WESENTLICHE herausgefunden.


This website was created for free with Own-Free-Website.com. Would you also like to have your own website?
Sign up for free