LEBENSGESCHICHTEN und ANSICHTEN
eines Christen

Der "Seewolf" (von Jack London)


Die Geschichte beginnt an einem Januartag in der San Francisco Bucht. Humphrey van Weyden, ein junger Schriftsteller, der vornehmlich Artikel in Literaturzeitschriften veröffentlicht, befindet sich auf der Rückreise von einem Besuch bei einem alten Freund. Trotz dichten Nebels macht er sich keine großen Sorgen, weil er den Fertigkeiten und Kenntnissen des Kapitäns und des Steuermanns vertraut. Einem leicht besorgten Mitreisenden entgegnet er: „Es scheint so einfach wie das ABC. Sie kennen die Richtung per Kompass, die Entfernung und die Geschwindigkeit! Maximale mathematische Sicherheit!“

Es stellt sich aber recht bald heraus, dass er sich da durchaus in einer trügerischen Sicherheit befindet. Der Mitreisende belehrt ihn, dass die Flut unberechenbar sei und zeigt ihn Richtung des Kapitäns, der einen durchaus angespannten und besorgten Eindruck machte. Und kurz darauf entgehen sie nur knapp einem Zusammenstoß mit einem anderen Schiff.

Wenig später dann ist es soweit. Ein anderes Schiff taucht aus dem Nebel auf und es folgt der Zusammenstoß. Es bricht Panik und Chaos aus. Das Schiff  beginnt langsam zu sinken  Wenig später springt Humphrey mit schnell angelegter Schwimmweste ins eisige Wasser und wird von der Strömung hinaus in den Pazifischen Ozean gespült.

Die dramatische Schilderung Jack Londons geht schon etwas unter die Haut. Binnen weniger Minuten wird der bürgerliche, feinsinnige Humphrey aus seiner „Scheinsicherheit“ heraus mit der brutalen Wirklichkeit des Todes konfrontiert. Und merkt, dass er in keinster Weise auf diese Begegnung vorbereitet ist und es anderen ähnlich ergeht. Er beobachtet geschockt eine Gruppe von jungen Frauen, die vor Angst „schrill quiekten wie Schweine vor dem Messer des Metzgers“, weil „sie noch nicht sterben wollten.“

Humphrey hat Glück. Ein Schiff sichtet ihm, als er verloren im Ozean treibt und zieht ihn an Bord. Das eigentliche Abenteuer seines Lebens konnte beginnen! Es wird einen anderen, "besseren" Menschen aus ihm machen.
                            
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Als Humphrey van Weyden mehr tot als lebendig aus dem Wasser gezogen wird, verliert er sofort das Bewusstsein.  Einige Zeit später wacht er aus der Ohnmacht auf und findet  sich halbnackt auf dem Boden der Schiffkombüse liegend wieder. Er blickt in zwei neugierige Gesichter, das des Schiffkochs und eines Matrosen.

Nachdem er sich orientiert, einige Auskünfte eingeholt hat und vom Schiffshoch notdürftig neu eingekleidet worden ist, macht er sich auf den Weg zum Kapitän. Er will schnellst möglich in sein gewohntes bürgerliches Leben zurück. Und ist bereit auch für entstehende Unkosten aufzukommen. Denn schließlich lässt sich ja mit Geld (fast) alles regeln.

Unterwegs zum Kapitän wird er Zeuge des öffentlich Sterbens des Schiffmaats und wie Wolf Larsen, der Kapitän, ihn nach dessen Ableben in übelster, blasphemischer Weise beschimpft. Larsen ist erbost, weil er einen wichtigen Mann verloren hat.

Van Weyden ist geschockt über solch ein rohes Verhalten und beginnt zu ahnen, dass er sich hier in einer Welt befindet, in der er nicht hingehört und die er auch nicht näher kennen lernen möchte. Larsen denkt über das übliche Seemannsbegräbnis nach und fragt den überraschten van Weyden: „Sie sind ein Prediger, nicht wahr?“

Als die leicht irritierte Verneinung erfolgt, fragt Larsen scharf nach: „Und womit verdienen Sie ihren Lebensunterhalt?“ Van Weyden verliert nun endgültig seine innere Balance. Unter anderen Umständen hätte er eine solche Frage unbeantwortet gelassen, aber hier beginnt er sich zu rechtfertigen: „Ich habe gearbeitet!“ „Für Ihren Lebensunterhalt?“, bohrt Larsen nach. Und verlangt die Hände van Weydens zu sehen. Nach deren Begutachtung meint er nur: „Anderer Leute Arbeit haben sie weich gehalten!“

Nun war dies kein privates, sondern ein öffentliches „Verhör“. Und die anwesenden Jäger und Matrosen machten keinen Hehl daraus, dass sie die ganze Aktion belustigt. Bevor nun seine Felle und seine Würde vollends „wegschwimmen“, versucht van Weyden die Initiative an sich zu reißen. Er verlangt an Land gesetzt zu werden und bietet eine entsprechende finanzielle Vergütung an.

Aber zu seinem Erstaunen scheint Larsen nicht im geringsten interessiert zu sein. Er teilt ihm kurz mit, dass ein Rückkehr nach San Francisco nicht möglich sei und dass er sowieso jetzt einen Mann zu wenig hätte. Er befördert den Küchenjungen zum Matrosen und macht van Weyden zum Smutje (Küchenjungen)

Van Weyden spürt, dass hier Widerstand zwecklos ist und fügt sich letztendlich in sein Schicksal. Er war nun „gefangen“ an einem Ort, den er niemals freiwillig aufgesucht hätte. Und ist auf Gedeih und Verderb einem skrupellosen und einer verrohten Mannschaft auf einem schmutzigen Robbenfänger namens „Ghost“ (Geist) ausgeliefert.

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