LEBENSGESCHICHTEN und ANSICHTEN
eines Christen

"Macbeth" und das Böse



Shakespeares Bühnenstück "Macbeth" beginnt mit dem Auftritt von drei Hexen im Unwetter auf einem freien Platz. Die Rede ist von einer bevorstehenden Schlacht und dass man sich erneut treffen will, wenn sie vorüber sei: „Da wollen wir dem Macbeth nahen!“

In dieser kleinen Anfangsszene wird das kommende Drama schon angedeutet. Das Böse in Gestalt der drei (dämonischen) Hexen, von Macbeth später „Zauberschwestern“ genannt, will sich recht bald Macbeth nähern. Und natürlich, wie könnte es anders sein, nicht mit guten Absichten. Er soll in Versuchung geführt werden.

Hier wird uns also gleich zu Beginn der wahre Grund alles Bösen vor Augen geführt. Im weiteren Verlauf des Stückes wird Macbeth tatsächlich zu einem Erz-bösewicht mutieren. Wahre Abgründe menschlicher Bosheit werden sich auftun. Aber, - der tiefere Grund dafür liegt woanders, nämlich im gefassten Vorsatz und späteren Handeln dämonischer Geistwesen.

Kommt uns da nicht auch gleich das „Dritte Reich“ und ihre unvorstellbaren Gräueltaten in den Sinn? Das unfassbar Böse, welches sich hier manifestiert hat? Vielleicht greift es ja auch hier zu kurz, die Gründe allein in der menschlichen Boshaftigkeit zu sehen. Vielleicht, und ich persönlich gehe davon aus, liegen die tieferen Ursachen ja wie im Falle von „Macbeth“ in der Anstiftung durch jene Geisterwelt, die in der Bibel als Dämonen oder Engel Satans bezeichnet werden.

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„What! Can the devil speak true?“  (1. Akt 3. Szene)

Diese überraschten Worte Banquos, des zweiten schottischen Heerführers neben Macbeth, sind eine Reaktion auf die Nachricht, dass Macbeth zum “Than von Cawdor” befördert worden ist. Denn genau dies war ihm und Macbeth von den drei kurz zuvor erschienenen „Zauberschwestern“ (Hexen) verkündet worden.

An dieser Stelle sieht man sehr schön, dass die Existenz des Bösen für Banquo keine Frage war. Als Kind seiner Zeit ging er einfach von der Existenz von Gott und Teufel aus. Seine (rhetorische) Frage beantwortete sich Banquo kurz darauf selbst: " ... oftmals sagen uns diese Werkzeuge der Finsternis Wahrheiten, um uns zu unserem Schaden zu gewinnen; sie gewinnen uns mit ehrlichen Kleinigkeiten, um uns in tieferer Konsequenz zu verraten."

Dies habe ich ebenfalls während meiner spiritistischen Phase ( siehe „Im Banne des Bösen“)  erlebt. Ich erhielt Informationen, die stimmten, mich dennoch in die Irre führen sollten. So wie im Falle von Macbeth. Die gezielt gesetzte zweite „Ankündigung“, dass er König von Schottland werden würde, weckt dessen Ehrgeiz und seine niedrigen Instinkte. Und genau darum ging es wohl!

In christlichen Kreisen gibt es den Spruch: „Der Teufel betrügt (manchmal) mit der Wahrheit!“ Soll heißen, dass richtige Informationen niemals absichtslos gegeben werden sondern letztlich der Sache des Teufels dienlich sind.

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Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen hervor die bösen Gedanken ( Markusevangelium 7,21)

Die Ankündigung der „Schicksalsschwestern“ (Hexen), dass er der nächste schottische König werden würde, hatte in Macbeths Herzen Mordgedanken aufkommen lassen: „Mein Mordgedanke, dessen Ausführung bis jetzt nur in der Phantasie vorhanden ist, erschüttert so mein unteilbares Sein, dass Handeln in Einbildung erstickt wird und nichts ist, außer was nicht ist.“ (1. Akt Szene 3)

Macbeth macht sich selber nichts vor. Der Wunsch, den Worten der „Schicksalsschwestern“ durch eine mörderische Tat nachzuhelfen, ist übermächtig in seinem Herzen. Aber es gelingt ihm, sich zu bezähmen: „Wenn  das Schicksal mich als König haben will, nun, so soll das Schicksal mich ohne mein Zutun krönen.“ (ebenda)

Wenig später trifft er auf den dankbaren König Duncan. Der lobt ihn überschwänglich, belohnt ihn fürstlich, aber – kündigt seinen Sohn Malcolm als den Thronfolger an. Was in Macbeth eine heftige innere Reaktion hervorruft. Er erkennt, dass ein weiteres Hindernis auf seinem Weg zum Königtum aufgebaut worden ist: „Der Prinz von Cumberland. Eine Stufe, über die ich fallen oder die ich überspringen muss, denn sie liegt in meinem Weg.“ ( 1. Akt, Szene 4) Und er beschwört die (Schicksals-)sterne, seine Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen: „ ... doch lasst das geschehen, was das Auge, wenn es getan ist, sich zu sehen fürchtet.“ (ebenda)

Macbeth scheint immer noch nicht zur letzten Tat entschlossen, sondern fleht die Hilfe der „Götter“ an. Aber man ahnt hier schon, dass es nur noch ein kleiner Schritt bis zum eigenhändigem Morden ist. Und man spürt, dass solche innere Entwicklung hin zum Bösen als Potential in jedem Menschen stecken könnte und nur die entsprechenden, begünstigenden Umstände hinzukommen müssten, um es zur Tat kommen zu lassen. Aber so genau weiß man das natürlich nicht!?

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Vielleicht  wäre es lediglich bei Macbeths Mordplänen geblieben, hätte das Gewissen über die Gier die Oberhand behalten. Aber nun trat Lady Macbeth auf den Plan  In der fünften Szene des ersten Aktes sehen wir sie einen Brief ihres Ehemanns lesen, wo er über ihr über die Begegnungen mit den „Zauberschwestern“ (Hexen) berichtet und über deren Ankündigung, dass er der nächste König sein würde. Ihre Reaktion: „Glamis (Than) bist du und Cawdor (Than), und sollst sein, was dir versprochen ist!“

Aber sogleich wird klar, dass dies kein frommer Wunsch, sondern eine Absichtserklärung ist. Sie formuliert das Problem: „Doch fürchte ich deine Natur: Sie ist zu voll von der Milch der menschlichen Güte, um den nächstgelegenen Weg einzuschlagen.“ Und die von ihr angestrebte Lösung: „Eile hierher, dass ich mein Feuer in dein Ohr gieße und mit der Tapferkeit meiner Zunge alles züchtige, was dich von dem goldenen Rund ( der Krone) zurückhält.“

Um einem solchen zur Bosheit entschlossenen Menschen widerstehen zu können, bedarf es eines festen, starken Charakters. Aber den hat Macbeth nicht. Mag er noch so ein tapferer Kriegsheld sein, aber von seiner Persönlichkeit her ist er eher „schwach“. Das Schicksal nimmt nun seinen Lauf.

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In der Schlussszene des ersten Aktes kommt es zur entscheidenden Aussprache zwischen Macbeth und seiner Frau. In dem einführenden Monolog von Macbeth scheint noch die Vernunft und das Gewissen Oberhand zu gewinnen. Er erkennt, dass nur sein Ehrgeiz ihn zur Mordtat am gerechten König Duncan führen würde und der Himmel die Tat mit Sicherheit „rächen“ würde.

Und so beschied er dann auch seine Frau: „Wir wollen in dieser Angelegenheit nicht weiter fortfahren ...!“ Da aber hatte er wohl die Entschlossenheit seiner Frau unterschätzt. Sie versucht ihn bei seiner Mannesehre zu packen: „Möchtest du ... als Feigling in deiner eigenen Achtung leben, in dem du ein Ich wage es nicht dem Ich möchte es folgen lässt?

Macbeth startet noch einen letzten Versuch des Widerstandes: „Ich bitte dich, sei still! Ich wage alles, was einem Menschen anstehen mag; wer mehr wagt ist keiner!“ Wenig später bricht er aber unter der Gegenrede seiner Frau endgültig ein. Von nun an ist der Königsmord eine beschlossene Sache. Es geht nur um das Wann und Wie!

Gerade sein berechtigtes Zögern macht Macbeth zu einer tragischen Figur. Er erkennt, dass es richtig wäre vom bösen Tun zu lassen, aber unter dem Druck der Rede Lady Macbeths bricht er ein. Er ist zu schwach vom Bösen Abstand zu nehmen. Man wird unwillkürlich an die Worte des Paulus im Römerbrief erinnert:

Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht. Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Römer 7,18+19)

Der Hang zum Bösen scheint eine starke Macht in unserem Innern zu sein.  Es bedarf im Grunde nur der entsprechenden Umstände (Druck und/oder günstige Gelegenheit), um uns in Versuchung zu führen. Wohl dem, der dann die Kraft findet zu widerstehen!

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Die Nacht ist  herangebrochen und alle auf der Burg haben sich auf ihr Nachtlager begeben. Alle? Fast alle! Macbeth und seine Frau sind noch wach, bereit ihren finsteren Plan in die Tat umzusetzen. Die Wächter des Königs Duncan sind mittels eines von Lady Macbeth starken Schlaftrunks außer Gefecht gesetzt worden. Es bedarf nur noch des rechten Moments!

Plötzlich sieht Macbeth einen Gegenstand vor sich: „Ist das ein Dolch, was ich vor mir sehe, den Griff meiner Hand zugewandt?“ (2. Akt 1.Szene) Es handelt sich aber um keinen realen Gegenstand, sondern um eine Vision: „Komm, lass mich dich ergreifen! – Ich hab dich nicht, ich sehe dich noch immer!“ Und dann: „Du führst mich den Weg, den ich gerade gehen wollte, und solch ein Werkzeug wollte ich benutzen!“

Manche würden hier sagen, dass in dieser extremen Ausnahmesituation „Realität“ und (Wahn-) vorstellungen bei Macbeth ineinander übergehen, sich vermischen. Im Zusammenhang mit dem ersten Akt allerdings muss man dies wohl eher als eine Aufforderung der Geistermächte verstehen, nun endlich zur Tat zu schreiten. Als eine Ermutigung sozusagen.

In dem Zusammenhang erinnere ich mich an das Attentat auf einen berühmten deutschen Politiker (er überlebte) , wo die Täterin später aussagte, dass „Geister“ ihr diesen Mord befohlen hätten. Und ich mich meine erinnern zu können, dass ich so etwas schon einige Male gelesen hätte. Der Ursprung des Bösen ist also nicht nur im Herzen eines Menschen, sondern geht vielleicht manches mal auch auf dämonische Mächte zurück?

Macbeth hört eine Glocke läuten: „Ich gehe und es ist getan: Die Glocke lädt mich ein. Hör sie nicht; Duncan, denn es ist dein Totengeläut, das dich in den Himmel oder die Hölle abberuft!“ Es ist verrückt, aber Macbeth fühlt sich von den äußeren Zeichen zur Untat ermutigt. Und wie in Trance oder unter einem inneren Zwang macht er sich auf den Weg in Duncans Schlafzimmer.


 

Fortsetzung folgt
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